Die Feier des Svantovit auf Rügen

Mucha konzipierte das Thema des heidnischen Festes als einen Zusammenstoß von sorgloser Ausge­lassenheit und bedrohlichem Schicksal.

Er ließ sich von der Geschichte der baltischen Slawen inspirieren, deren Kult des Svantovit am Kap Arkona ihn faszinierte. Es wurde auf Rügen gefeiert, einer ehemaligen Bastion des slawischen Heidentums, das der Bekehrung zum Christentum lange widerstand. Der christliche dänische König Valdemar zerstörte Svantovits Statue und Tempel im Jahre 1168 und hob den Kult auf. Alljährlich wurde nach der Ernte ein großes Ritual am Kap Arkona gefeiert, mit Gebeten, Gesängen und blutigen Opfern, wonach der Priester mit den Göttern sprach und prophezeite. Worauf ein üppiges rituelles Fest mit Spielen und Tanz folgte.

Muchas Darstellung zeigt die Feierlichkeiten unter freiem Himmel am frühen Abend, als Hintergrund und Kontrapunkt zu seiner mythologisierten Szene der zukünftigen Unterdrückung der Slawen durch die germanischen Stämme, die sich in Maßstab und Farbton von den irdischen Ereignissen unterscheidet.

Mucha verlegte das Bild des vierköpfigen Gottes Svantovit - zu seinen Attributen gehörte ein Weinhorn für Prophezeiungen - vom Inneren des Tempels auf die Krone einer riesigen Eiche. Die Schatten des germanischen Gottes Thor und seiner Wölfe, welche die slawische Zivilisation an der Ostsee unterwarfen und geißelten, blenden den Himmel aus. Der letzte slawische Krieger stirbt auf Svantovits weißem Pferd und Svantovit selbst nimmt sein heiliges Schwert aus seiner Hand, um die Slawen zu verteidigen. Die Figuren der Musiker und ein Holzschnitzer verheißen die Wiedergeburt der slawischen Völker in der Kunst.