Prag - Nostalgia
Im Februar 1934 bricht in Österreich der Bürgerkrieg aus. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wird verboten. Am 4. Juli stirbt Kokoschkas Mutter. Im Herbst reist Kokoschka nach Prag und malt erste Ansichten der Stadt. Die Standpunkte findet er mit dem Galeristen Hugo Feigl. Er lernt seine spätere Frau Olda kennen.
Am 18. Oktober verlassen Oskar Kokoschka und Olda Palkovská Prag. Olda kann zwei Flüge nach London beschaffen. Der fast mittellose Künstler muss neu anfangen. In seinem kleinen Londoner Atelier vollendet er „Prag – Nostalgie”, eine wehmütige Erinnerung an die Prager Landschaft. Ein Paar umarmt sich unter dem Abendhimmel bevor es auf die eintreffende Fähre steigen wird. Ein Schwan Lohengrins erinnert an den Weg in eine ungewisse Zukunft.
Die Prag-Bilder des 50-jährigen Kokoschka handeln indirekt auch von Jugend und Erwachsenwerden, von unmöglicher und möglicher Liebe. 1935 schreibt Kokoschka:
Alles ist nur ein Fiebertraum, [...] glaubt man, man wäre wirklich, aber es ist nicht wahr. Oder nicht für mich. Es gibt auch Schüler, die zu spät in die Schule kommen, ich komme wirklich zu spät oder zu früh ins Leben (Briefe, Bd. III, S. 27).
Oskar Kokoschka 1935
Heinz Spielmann 2008: 80, 300, 302