Expressionismus
Expressionismus … gestaltet das Leben im Erlebnis. Worin das Erlebnis von aller grauen Theorie sich unterscheidet ist, daß sozusagen ein Diesseits hier ein Jenseits umarmt, ein Augenblick, der als die Unendlichkeit erscheint und, daß Dumpfheit menschlicher Triebe erst den göttlichen Lichtstrahl bedingt, wie ein Schrei eine vorhergehende Stille unterbricht, oder wie das Unerwartete, das Unvorhergesehene die Dumpfheit der Gewohnheit beendet. Expressionismus ist Gestaltung des Erlebnisses, solcherart mittelbar und Botschaft vom Ich zum Du. Wie zur Liebe braucht es dazu zwei. Expressionismus lebt nicht im elfenbeinernen Turm, der wendet sich an den nächsten, den er erweckt. Wird demnach diese Macht, die das Menschliche wie das Dingliche zu gestalten vermag, in der bildenden Kunst verleugnet, dann verkennen wir gerade jene, die den Fortschritt in ihrem Banner führen, das Wesen des Fortschritts. Vom Typus des Herdenmenschen, der in jedem von uns steckt, dies sei unter uns gesagt, führt nur das Erlebnis jeweils zur Vermenschlichung. Mit jedem Erlebnis erneuert sich unser Menschentum.
Oskar Kokoschka 1953, 2008: 9
Über Edvard Munch
Erzwungen erscheint ein Gesicht,
Eine Welt dem Bewußtsein.
Und wieder löste vom Bilde,
Wo es haftet, sich das Erschaffene.
Oskar Kokoschka 1911
Werner Hoffmann 2008: 29